So blicken wir auf den „Skandal“ um den Deutschen Nachhaltigkeitspreis (DNP)

Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis 2024 ist vergeben und der Award steht einmal mehr in der Kritik. Nachdem der SPIEGEL und das Onlinemagazin Flip über die dubiosen Hintergründe des Preises berichtet haben, haben auch wir uns die Frage gestellt: Wie stehen wir eigentlich zum DNP? Als Unternehmen, das ihn einmal gewonnen und in diesem Jahr leer ausgegangen ist. Hier ist unser Statement:

Ja, wir haben den Deutschen Nachhaltigkeitspreis – kurz: DNP – im Jahr 2023 gewonnen. Ja, wir waren darauf sehr stolz, den Award zu gewinnen. Und ja, wir befürworten es, dass der Preis und die Vergabemechanismen dahinter kritisch betrachtet und geprüft werden.

Schließt das einander aus? Wir finden nicht. Das ganze Thema lässt sich nämlich nicht einfach nur schwarz und weiß betrachten. Deshalb wollen wir uns hier auch die Zeit nehmen, um unsere Sicht auf den „Skandal“ rund um den Deutschen Nachhaltigkeitspreis zu schildern, der gerade in den Medien kursiert.

Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis gilt als eine der wichtigsten Auszeichnungen der gesamten grünen Branche. Er wurde im Jahr 2008 von Fernsehmoderator Stefan Schulze-Hausmann ins Leben gerufen. Seitdem werden mit dem Award Jahr für Jahr Unternehmen aus unterschiedlichsten Bereichen für ihr ökologisches und soziales Engagement gewürdigt.

Der Preis ist renommiert und gilt als Gütesiegel für besonders nachhaltige Unternehmen – nicht zuletzt, weil über die Jahre hinweg auch verschiedene Bundesministerien die Preisverleihung finanziell unterstützt haben. Dazu zählen etwa das Bundesministerium für Bildung und Forschung, für Wirtschaft und Klimaschutz, für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz und das Bundespresseamt.

Rückblick 2023: Wir waren stolze Sieger!

Auch im Jahr 2024 wurde der DNP wieder im Rahmen einer großen Gala im Maritim Hotel am Düsseldorfer Flughafen verliehen. Mit dabei waren mehr 1.000 Gäste, die mit einem vegetarischen Menü auf Sterne-Niveau und verschiedensten Showeinlagen bestens versorgt und unterhalten wurden. Wir sprechen hier aus Erfahrung, schließlich war unser Team im Jahr zuvor auch vor Ort und hat unseren DNP bei der Abendgala entgegengenommen.

Bislang galt der Preis als große Ehre und als wichtige Bestätigung des nachhaltigen Handelns von Unternehmen. Dementsprechend groß war auch unsere Freude, als wir im Jahr 2023 erfahren hatten, dass wir den DNP gewonnen haben. Gleichzeitig sind wir fast schon froh, dass wir dieses Jahr nicht zum Gala-Abend nach Düsseldorf eingeladen wurden. Denn der Preis hat einen Beigeschmack.

Fragwürdige Geschäftspraktiken und intransparente Organisation

Parallel zur Preisverleihung 2024 haben der SPIEGEL und das Onlinemagazin Flip einen umfangreichen Artikel über die Hintergründe und Methodik des Awards veröffentlicht. Die Vorwürfe sind umfassend; sie reichen von fragwürdigen Geschäftspraktiken des Preis-Initiators Schulze-Hausmann über intransparente Organisationsstrukturen und Auswahlkriterien bis hin zur generellen Kommerzialisierung des Events und einer damit verbundenen mangelnden Glaubwürdigkeit.

Wir selbst können natürlich nicht jeden der Vorwürfe überprüfen. Wir haben aber unsere eigenen Erfahrungen mit dem DNP gemacht und befürworten deshalb die kritische Berichterstattung, die der SPIEGEL und Flip mit ihrem Artikel angestoßen haben. So wurde auf der Website des Awards zum Beispiel lange Zeit mit dem Logo des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz geworben, das als Partner genannt wurde. Tatsächlich besteht jedoch keine Zusammenarbeit mehr und es ist irreführend, mit Hilfe des Logos den Anschein zu erwecken, es handele sich bei dem Preis um eine staatliche Ehrung.

Ebenso kritisieren wir – wie viele andere Unternehmen auch – die Intransparenz, die bei der Vergabe des DNPs vorherrscht. Von den von uns eingereichten Bewerbungsunterlagen einmal abgesehen gibt es keinen nachvollziehbaren Audit und auch keine Vor-Ort-Prüfung. Die Bewerber können also in keiner Weise einsehen, wie und ob ihre Unterlagen geprüft werden – geschweige denn, was den Ausschlag darüber gibt, ob man den Preis gewinnt oder nicht. So haben wir beispielsweise weder im Jahr 2023 erfahren, warum wir den Preis gewonnen haben, noch im Jahr 2024, weshalb wir ihn nicht erhalten haben.

Ehrlicherweise hatten wir im Jahr 2023 sogar noch darüber gescherzt, als wir erfahren hatten, dass wir Gewinner sind und es aber keine Begründung dazu gab. Das erweckt den Anschein, jeder könne den Preis gewinnen, weil ohnehin keine adäquate Überprüfung stattfindet. Trotzdem haben wir unseren Sieg gefeiert und nicht weiter bei den Organisatoren nachgefragt. Die aktuelle Berichterstattung hat uns aber aufgerüttelt und unsere Selbstreflexion angestoßen.

Kommerzialisierung statt staatlicher Ehrung

Übrigens: Neben der Bewerbung für den Preis selbst ist auch die Teilnahme an der Gala für die Gewinner kostenpflichtig. Wer mit mehr als einer Person teilnehmen möchte, zahlt dafür mehrere hundert Euro. Zudem müssen Preisträger für die Nutzung des Siegels auf der Website bezahlen. Die Siegel werden hier in verschiedenen Kategorien verliehen – Nominierungs-, Finalisten- und Sieger-Siegel –, die unterschiedlich kostenintensiv sind. Über den gesamten Bewerbungs- und Vergabeprozess hinweg fallen also immer wieder verschiedene Gebühren an – mit einem Preis als Ehrung für nachhaltiges Wirtschaft hat das aus unserer Sicht wenig zu tun.

Unternehmen, die diese Gebühren nämlich nicht aufbringen können, werden automatisch vom DNP ausgeschlossen. Da können sie noch so ein nachhaltiges Geschäftsmodell vorweisen. Von Fairness kann man in diesem Zusammenhang also nicht wirklich reden. Außerdem bleibt das „Geschmäckle“, dass es sich bei dem DNP um einen rein kommerzialisierten Award handelt, bei dem nicht nachvollziehbar ist, anhand welcher Kriterien ein Unternehmen als nachhaltig eingestuft wird oder nicht.

Angesichts dessen steht für uns fest: Dass es einen Preis gibt, der das nachhaltige Wirtschaften von Unternehmen in den Mittelpunkt stellt, ist aus unserer Sicht richtig und wichtig. Es besteht die Hoffnung, dass dadurch mehr Unternehmen dazu angeregt werden, sich über ihr ökologisches und soziales Handeln umfassend Gedanken zu machen. Diesen Spirit brauchen wir, wenn wir unsere Klimaziele erreichen und dem Klimawandel gezielt entgegenwirken wollen.

Was jedoch schlecht ist und das Renommee des DNPs – und damit leider auch das von anderen Nachhaltigkeitspreisen – entscheidend schmälert, sind die Intransparenz hinter der Vergabe und die starke Kommerzialisierung, die damit einhergeht. Wenn ein Nachhaltigkeitspreis etwas zum Besseren bewegen soll, müssen die Bewertungskriterien aus unserer Sicht öffentlich und nachvollziehbar gemacht werden.

Veränderung ist möglich – man muss sie nur wollen

Wir würden uns daher zukünftig wünschen, dass Auswahlkriterien und -verfahren transparenter gemacht werden. Zudem sollten Gewinner als auch Verlierer Feedback zur Bewerbung erhalten, damit sie ihre Services und Produkte über den Preis hinaus in Sachen Nachhaltigkeit verbessern können. Darüber hinaus sollten Bewerber und Gewinner nicht für den Preis bezahlen müssen, um eine Wettbewerbsverzerrung zu vermeiden. Was es stattdessen braucht, ist eine unabhängige Instanz, die die Unternehmen für die nachhaltige Sache ehrt.

Wir sind gespannt, wie sich der DNP weiterentwickeln wird. Denn, dass er dringend Veränderungen benötigt, steht für uns außer Frage. Alles andere wäre eine pure Ignoranz der berechtigten Vorwürfe. Wir werden den DNP daher genau im Auge behalten und uns nur dann wieder um den Preis bewerben, wenn wir den Eindruck haben, dass aktiv Verbesserungen angestoßen wurden. Denn eines ist für uns klar: Jeder verdient die Chance, an sich zu wachsen und zu zeigen, dass Veränderungen möglich sind. Das gilt für uns, wie auch für andere. Wir sind gespannt, ob die Organisatoren des DNP das auch so sehen.


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