Singapur will „Zero Waste“ erreichen

Ambitioniertes Ziel für mehr Nachhaltigkeit: Am 1. Juli hat Singapur einen weiteren Schritt in Richtung Zero Waste Gesellschaft unternommen. An über dreihundert Sammelstellen können nun gebrauchte Elektronikgeräte abgegeben werden. Dieses niederschwellige Angebot wird mit einem Gutscheinsystem unterstützt, das durch Belohnung der Verbraucher zusätzliche Anreize zum Recycling liefern soll.

Doch warum investiert Singapur so viel in seine Zero Waste Initiative? Bis vor wenigen Jahren hatten Nachhaltigkeit und Umweltschutz auch in Singapur keine Priorität. Der wesentliche Grund für den Wandel liegt in Singapurs Geografie. Der Platz auf dem Inselstaat ist begrenzt. Auch wenn schon jetzt fast der gesamte Müll in Singapur verbrannt wird, wird geschätzt, dass die einzige Müllhalde des Inselstaats, Semakau Island, bei der jetzigen Rate spätestens 2035 keinen Platz mehr haben wird.

Aber auch der Klimawandel ist für den Inselstaat eine existenzielle Bedrohung, vor dem die Augen nicht mehr verschlossen werden können. Der Anstieg des Meeresspiegels hat dort sehr unmittelbare Auswirkungen. Es wird geschätzt, dass der Pegel in Singapur bis 2100 um bis zu einem Meter steigen könnte. Dies würde dazu führen, dass große Teile des Inselstaats dann im Meer versinken würden.

Um gegenzusteuern, hat die Regierung nun umfangreiche Maßnahmen beschlossen. Der Umgang mit Müll ist dabei nur ein Puzzleteil. Um das Ziel, zu einer Zero Waste Nation zu werden, zu erfüllen, wurden umfangreiche Maßnahmen beschlossen, die Klimaschutz und wirtschaftliche Entwicklung in Einklang bringen sollen, um Singapur zukunftsfähig zu machen. Dass sich beide Ziele nicht ausschließen, sondern sehr gut ergänzen, zeigen die ersten Maßnahmen.

Das oberste Ziel in Singapur ist es, die Verbrennungsrückstände, die täglich aus den Müllverbrennungsanlagen nach Semakau gebracht werden, sowie die nicht verbrennbaren Abfälle bis 2030 um 30 % zu reduzieren. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn deutlich weniger Müll produziert wird. Das erklärte Ziel ist es daher, Müll zu vermeiden, indem Ressourcen möglichst lang genutzt werden und erst wenn eine Nutzung nicht mehr möglich ist, ein möglichst vollständiges Recycling anzustoßen.

Neben einer Kampagne, um die Bevölkerung für ein korrektes Recycling zu sensibilisieren, gibt es weitere vielversprechende Kampagnen, die auch die Wirtschaft miteinbeziehen. Hierzu gehören auch das Mandatory Packaging Reporting (MRP) Framework und das Packaging Partnership Programme (PPP), die ab diesem Jahr eingeführt wurden, um den Verpackungsmüll zu reduzieren. Hintergrund ist, dass Verpackungen ca. ein Drittel der Haushaltsabfälle in Singapur ausmachen und durch mehr Bewusstsein bei Händlern und Kunden deutlich reduziert werden können. Die Unternehmen müssen zukünftig nicht nur die Quantität ihrer Verpackungen melden, sondern auch wie diese reduziert, weiterverwendet oder recycelt werden können.

Warum ist es gerade bei Verpackungen wichtig, diese zu vermeiden? Hier werden häufig Kunststoffe verwendet, die auch in Singapur zumeist nicht recycelt, sondern verbrannt werden. Hier ist es daher besonders sinnvoll, die Verwendung zu hinterfragen, da die Materialien oftmals nicht sortenrein verwendet werden oder durch Essensreste so verschmutzt sind, dass sich ein Recycling nicht lohnt. Durch einen Verzicht auf oder einen klügeren Einsatz von Kunststoffen kann daher viel erreicht werden.

Die in der Einleitung angesprochenen Sammelboxen für Elektronikschrott arbeiten mit einem Belohnungsprinzip, um die Bevölkerung stärker zu motivieren. Entsorgungsboxen für Elektronik sind bereits seit 2012 überall auf der Insel zu finden. Die Neuerung 2021 ist, dass nun die Hersteller und Importeure für die Entsorgung der alten Elektronik verantwortlich sind.

Die jetzt aufgestellten Boxen bieten mehr als nur die Entsorgung der alten Elektronikgeräte. Für Verbraucher bieten sie den Vorteil, dass eine Datenlöschung der Geräte zum Entsorgungskonzept gehört. Dies erleichtert es vielen, ihre Geräte mit Datenträgern in die Entsorgung zu geben, statt sie zu Hause einzulagern oder zu zerstören. Das neue Konzept hat den weiteren Vorteil, dass es ein erklärtes Ziel ist, möglichst viel Hardware wieder aufzubereiten und einer zweiten Nutzung zuzuführen, statt sie zu recyceln. Dies spart im Gegensatz zum Recycling viele Ressourcen und schont so die Umwelt. Mehr dazu in unserem Blogbeitrag „Wiederverwenden statt recyceln“.

Lohnt sich der Ansatz aus Singapur auch für Deutschland? Viele unserer Recyclingprozesse sind bereits ähnlich und viele Recyclingquoten höher als in Singapur. Auch in Deutschland gibt es eine Rücknahmepflicht der Händler für gebrauchte Elektronik. Der Hauptunterschied besteht darin, dass Singapur als direkt vom Klimawandel bedrohter Inselstaat die Notwendigkeit verstanden hat, zu handeln. In Singapur ist es das erklärte Ziel, keinen Müll mehr zu produzieren und Rohstoffe so effizient wie möglich zu nutzen. Dies bedeutet, dass die Bevölkerung aufgeklärt und die Wirtschaft miteinbezogen werden muss. Denn eine leistungsstarke und erfolgreiche Wirtschaft, die dies auch in Zukunft bleiben will, muss nachhaltig denken. Singapur macht sich bereit für die Zukunft – dies ist es, woran wir uns auch in Deutschland ein Beispiel nehmen sollten.


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